Talking About my Re-Generation

Vom verlorenen Paradies und vom Bei-sich-Ankommen


Seit Urzeiten sehnen wir uns nach dem mysteriösen Ort, den man Paradies heißt. Diesen Ort, aus dem wir uns nicht nur in einem biblischen Kontext durch einen vermeidlichen Sündenfall verstoßen fühlen, sondern auch auf einer kollektiven und meist unbewussten Ebene, die in uns als ein schmerzliches Abgetrenntsein von der Urquelle pulsiert. Das Abgetrenntsein, so meint Erich Fromm, ist der Ursprung aller Angst und es entspringt daraus ebenfalls die Scham und das Schuldgefühl. So dröhnt auch in vielen die Angst, aus dem „Ort der Freude“- was ,Eden‘ im Althebräischem bedeutet-, für immer verstoßen zu sein und das schamvolle Echo, Genuss und Freude nicht verdient zu haben, nicht gut genug dafür zu sein.
Noch nicht einmal bis zum Armageddon warten wir. Die Strafe für unsere vermeintliche Unzulänglichkeit erlegen wir uns selbst auf. So fristen viele unter uns gebrandmarkt ihr Leben in ihren selbstgebauten Gefängnissen. Das einstig freudige Kind in uns degeneriert zu einem zitternden Bündel aus Angst; unsere Brücken zur Außenwelt zu Panzern.
Leben heißt auch Leben zu generieren, die Dinge fließen und wachsen zu lassen. Gegenteilig hierzu bewegte ich mich zu einem früheren Zeitpunkt meines Lebens auf unfruchtbarem Boden, und steckte bis zum Hals in einem Sog aus negativen Gedanken und Angst, bis der Ruf nach Befreiung in mir immer lauter wurde.

Lockruf des inneren Gartens


Die Welt ist unser Garten, klang es in mir. Und so war es die Sehnsucht nach dem Urquell, die mich in die Ferne trieb und mein persönliches Abgetrenntsein – zunächst in der Außenwelt – überwinden wollte. So machte ich mich auf die Reise, auf der Suche nach dem verlorenen Paradies. Aber das ist eine andere Geschichte, die ein Andermal erzählt werden soll.
Vor zwei Jahren bin ich nach Deutschland zurückgekommen. Der Treibsand der Vergangenheit war zu einem soliden Fundament geworden, der Sog der Angst war versiegt. Die lodernden Lavaströme hatten sich beruhigt, das Neuland wurde erkundbar und ich trug ein müdes, aber freudiges Bedürfnis in mir, endlich meinen Platz zu finden und anzukommen.
Schätze, die ich auf meinen Reisen sammeln durfte und die Blumen, die ich so sorgsam auf meinem Lebensweg gepflanzt hatte, schimmerten fortan in einem milden Leuchten in mir.

 

 

Was aber blieb in der Außenwelt?
Was bleibt, wenn man über einen langen Zeitraum so viel losgelassen hat? Nicht zuletzt kam ich nach Berlin, um die nähere – mir teils eher unbekannte Verwandtschaft – zu erforschen. Dank eines Mehrgenerationen-Einblickes wollte ich ein besseres Verständnis für Vergangenes bekommen und Familienzusammenhänge verstehen. Und nicht zuletzt erhoffte ich mir das metaphorische Fließen von Milch und Honig, um mich zu nähren und in der Geborgenheit zu regenerieren.

Aber lassen Sie uns zunächst einmal schauen, was der Begriff Regeneration überhaupt bedeutet. Der deutsche Duden sagt folgendes:
1. (Biologie, Medizin) erneute Bildung, Entstehung, natürliche Wiederherstellung von verletztem, abgestorbenem Gewebe o.Ä.
2. (bildungssprachlich) Erneuerung, erneute Belebung

Wiederherstellung
In mir regte sich eine lebhafte Vorfreude ob des sich fügenden Zusammenhörigkeitsgefühls und des so arg vermissten „Bei-mir-Ankommens“. Insbesondere wollte ich mich von dem alten Gefühl des Nicht-willkommen-Seins regenerieren. Um es kurz zu fassen: Meine Ambitionen, Geborgenheit zu schaffen und zu schöpfen, fielen nicht auf fruchtbaren Boden und die enthusiastische familiäre Wiedervereinigung blieb aus.
Obgleich nunmehr umwoben von heilsamem Balsam, musste ich einsehen, dass ein Abschied von dem toten Gewebe und abgestorbenen Unkraut nötig war. Warum noch auf dem unfruchtbaren Acker pflanzen, wenn ein prachtvoller Überfluss im eigenen inneren Garten herrscht? Das Ende vom Lied ist, dass ich mich für meinen Garten entschieden habe und Konsequenz war, dass ich mich verabschiedet habe von dieser generationenübergreifend übergriffigen Familienkonstellation.
Und um es persönlich zu machen: Ich war erschrocken darüber, wie sehr sich alles gewandelt hatte. Nichts war mehr so, wie es vor meiner langen Reise war. Ich war nicht mehr so, wie ich vorher war. Ich musste mitansehen, wie sich der Garten verselbstständigt hatte. Wie sehr einstige Strukturen sich zunächst wie verwuchert und degeneriert anfühlten, wenngleich sie eine wohltuende Desintegration überflüssig gewordener Dinge bargen. Die Seelensplitter, die ich tollkühn und sorgsam eingesammelt hatte, galt es nun zu integrieren und zu beleben.

Erneuerung, erneute Belebung
In Seelenbildern gesprochen, sind wir der feurige Engel vor den Pforten unseres Gartens, der ihn bewacht. Glauben wir uns aus unserem Garten ausgeschlossen, sind wir es also selber, die uns im Wege stehen. Ein gesundes Wachsen und Erwachsen ist nur möglich, wenn man toxische Eingriffe anderer verhindert. Folglich sollten wir uns bei der Wiederherstellung unserer inneren Gärten auf unsere eigene Stellung in unserer Welt konzentrieren. Hierbei ist es unabdingbar, selbst den Boden zu düngen und zu entscheiden, welche Samen gepflanzt werden sollen und welche Wucherungen wir nicht zulassen wollen.
Der Lockruf, der mich einst auf die Suche nach dem Paradies schickte, wurde zu einer Berufung. Was gibt es Schöneres, als der Gärtner seines inneren Herzensgartens zu sein? Was einst so furchtbar war, kann so fruchtbar werden, wenn wir es wollen. Was Erich Fromm als Abgetrenntsein von der Natur betitelte, ist in erster Linie ein Abgetrenntsein von sich selber und von dem Paradies, das in uns auf uns wartet und uns ruft.
Die Bewässerung des Gartens erfolgt meist durch das Weinen ungeweinter Tränen vereinzelter Seelensplitter, die sich wieder zu einem fügen und prismengleich den ersehnten Regenbogen nach dem Unwetter zaubern. Lasst uns in unserem inneren Garten ankommen und uns in wildem Erstaunen und Entzücken über seine Schönheit ergehen! Lasst uns ankommen im Paradies, aus dem es ruft „Ich will leben, ich will leben…“

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